18. September 2005

Kurt-Christian Stier erinnert sich an Karl Richter

Kurt-Christian Stier
Konzertmeister



geboren 3. Februar 1926
in Gütersloh

Aus dem Interview:

... Wie ich zur Viola kam, das war so: Ich wohnte damals mit Valentin Härtel (Professor an der Hochschule), der in dem Bach-Orchester als Bratscher spielte, im selben Haus. Und eines Tages klingelte Härtel bei mir, und sagte: „Du musst mit mir nächste Woche Viola d’amore spielen.“

Da hab ich gesagt: „Valentin, das kann ich nicht, ich hab eine Viola noch nie in der Hand gehabt, ich hab keine Ahnung.“ - „Das kannst du“, hat er gesagt. „Richter hat zu mir gesagt, Sie müssen sich einen guten Zweiten besorgen!“ Gut, dann sind wir nach Pasing gefahren zu einem Geigenbauer und haben eine Viola d’amore geholt, und ich bekam vom Valentin Härtel Unterricht. Und musste nach acht Tagen diese zwei Stücke spielen aus der Johannes-Passion (Betrachte meine Seel’ und Erwäge).

Es ist ja so, dass ich von der Viola eigentlich nichts gewusst habe und mir alles aneignen musste. Die Viola d’amore hat sieben oder acht Saiten, wird anders eingestimmt als eine Geige. Die Saiten haben eine ganz andere Stimmung, die Stimmung ist sogar variabel, sie sind fixiert auf Dur- oder Mollakkord usw., aber es sind Stimmungen, die mit der Stimmung der Geige nichts zu tun haben. Wir haben ja da die Quintstimmung.

Und auf der Viola d’amore geht es gleich schon los mit der sogenannten E-Saite, das ist aber keine E-Saite. Das Schwierigste beim Umlernen ist nicht das Lesen, sondern das Gefühl zu haben, mit dem Bogen auf der richtigen Saite zu bleiben. Denn wenn man da mal einen Ton verkehrt gespielt hat, dann wird es unheimlich schwierig, sich zurecht zu finden, wo, auf welcher Saite man ist, eben wegen der vielen Saiten.


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